Zentralklinikum Borwede

Architektur unterstützt Heilungsprozess

Die weiteren Planungen für das Zentralklinikum in Borwede

können nach der Vertragsunterschrift nun beginnen

Landkreis Diepholz 

Ein weiterer Meilenstein ist gesetzt. Am Mittwoch haben Uwe Lorenz, Geschäftsführer des Klinikverbundes im Landkreis Diepholz, und Michael Ludes, Geschäftsführer der Ludes Architekten-
Ingenieure-GmbH, einen Vertrag unterschrieben. Der Gewinner des Architektenwettbewerbes zum Zentralklinikum in Borwede (wir berichteten) kann nun die Planungen einleiten. Die Verantwortlichen rechnen mit dem Baubeginn im Jahre 2024 und der Fertigstellung in 2028. Geschätzte Kosten: 207 Millionen Euro.

„Vor gut zwei Jahren haben wir dieses Projekt angeschoben, jetzt wird es sehr konkret“, freute sich Erster Kreisrat Wolfram van Lessen beim Unterschriftstermin im Twistringer Rathaus. Zwölf Büros hätten ihre Beiträge eingereicht, bereits im Wettbewerb mitsamt Ausstellung im Twistringer Hildegard-von-Bingen-Gymnasium hatte die Ludes-GmbH die Nase vorn, „aber das waren nur 50 Prozent“, erklärte van Lessen.  Doch der Gewinner sei in der europaweiten Vergabe „vorne geblieben“.

Datum eingehalten

Uwe Lorenz gab zu Beginn der Zeremonie einen Blick in sein Innenleben. „Ich bin richtig aufgeregt“, sagte er. Freudig aufgeregt, denn der von ihm mitgeleitete Klinikverbund, eine 100-prozentige Tochter des Landkreises Diepholz, habe in dem im August 2019 eingereichten Förderantrag den 13. Oktober als Datum der Vertragsunterschrift festgelegt. „Das haben wir eingehalten, wir sind gut unterwegs.“ Der Vorschlag der Ludes-GmbH sei
von „Medizin und Pflege klar bevorzugt worden“, er sei gewagt und ungewöhnlich, setze auf genesungsförderndes Ambiente auf der grünen Wiese in Borwede. „Jetzt liegt es an uns, etwas Tolles, etwas Vorzeigenswertes daraus zu machen.“ Lorenz hatte eine Aufbruchstimmung bemerkt. „Wir werden alles reinschmeißen, was wir haben.“

Michael Ludes lobte das positive Umfeld, das gute Miteinander. Er gab zu, ausgetretene Pfade verlassen zu haben, allerdings initiiert durch die Ausschreibung. „Wir haben viel Herzblut in den Wettbewerbsbeitrag investiert“, erklärte der promovierte Geschäftsführer. Und ja: Der Vorschlag falle aus dem Rahmen. „Jetzt wollen wir die Grundprinzipien,
die Idee durchtragen und die Qualität des Entwurfs umsetzen.“ Das Projekt könne ein Leuchtturm werden in der Krankenhausplanung in Deutschland, eine Klinik mit Strahlkraft. „Allem Anfang währt ein Zauber inne.“


Doch was wird denn nun so anders an der zukünftigen Zentralklinik in Borwede? Michael Ludes erläuterte, dass die Planung sich an die „ruhige, flache Landschaft“ angepasst habe. Es gebe keine Bettentürme, wie sonst
oft üblich, sondern eine „horizontale, gelagerte Masse“. Die grundlegende Frage für die Planung war: „Wie weit kann Architektur den Heilungsprozess unterstützen?“ Das Sockelgeschoss, teilweise unter der Erde gelegen, fasst alle medizinischen Funktionen zusammen, was für die Mediziner kurze Wege und keine Aufzugfahrten bedeute. „Es ist das funktionale Herz.“ Das Erdgeschoss dient als Verteilerebene mit Empfang und Cafeteria. Das erste Obergeschoss schließlich diene der Pflege, „allerdings nicht als Würfel, sondern als Ring“. Das sei nicht nur optisch passender, sondern beinhalte auch die Möglichkeit, in der Mitte einen Krankenhausgarten anzulegen, einen begehbaren grünen Bereich. „Das schafft für die Pflege eine ganz andere Atmosphäre als ein Bettenturm.“ Für Michael Ludes ist der Entwurf nah am Optimum. Eines allerdings fehle: „Wir träumen immer noch von Ein-Bett-Zimmern.“

Hier hakte Wolfram van Lessen ein. Ihm zufolge wird das künftige Zentralklinikum nur Ein- und Zwei-Bett-Zimmer haben, die doppelt belegten Räume werden mit 24 Quadratmetern zudem größer sein als vorgeschrieben. Es werde mit 344 Betten geplant, aber für 360 gebaut. Wer weiß, welches Virus diese Entscheidung letztlich bestätigt?

Die Planung kann nun also losgehen. Doch wer bezahlt dieses Großprojekt? Wolfram van Lessen schmunzelt bei der Frage nach Zahlen. „Wir beantragen eine 100-prozentige Förderung, die Länder sind verpflichtet, solche Investitionen zu tragen.“ Dem Ersten Kreisrat ist allerdings klar, „dass wir keine 100-prozentige Förderung bekommen werden“. Auch Michael Ludes hält Kostenkalkulationen für schwierig. Gerade die Corona-Zeit habe gezeigt, wie schnell Preise explodieren können.

15 Monate hat sich sein Unternehmen für die Planungen gegönnt, dann folgen Baugenehmigung und baufachliche Prüfung. Für ihn ist das Zentralklinikum den Aufwand wert. Nicht nur, weil er daran verdient. „Ich kenne kein anderes Krankenhaus mit einem Baukörper dieser Art.“

Zentralklinikum – eine Zusammenfassung

Vor fast zwei Jahren fasste der Diepholzer Kreistag den Entschluss, ein Zentralklinikum bauen zu lassen. Lediglich die Linke sprach sich dagegen aus. Allein für die Planung sind bis 2023 20 Millionen Euro vorgesehen,
zudem stellte die Klinikgesellschaft als Trägerin aller Krankenhäuser im Landkreis einen Förderantrag in Höhe von 187 Millionen Euro. Als Standort warfen Sulingen, Syke, Diepholz und Bassum ihren Hut in den Ring, auch aus dem Twistringer Ortsteil Mörsen kam eine Bewerbung. Am 22. Juni entschied der Kreistag über den zukünftigen Standort für den Neubau. Die Politiker schlossen sich der Bewertung eines externen Planungsbüros pro Borwede an. Protest kam ausschließlich aus Sulingen Das Zentralklinikum soll die drei bisherigen Kliniken in Bassum, Diepholz und Sulingen ersetzen. Der großen Mehrheit im Kreistag wollte sich der Kreis-Diepholzer Bundestagsabgeordnete Axel Knoerig nicht anschließen: Er plädierte für den Erhalt der drei aktuellen Krankenhäuser.