Forderung nach Transparenz und Infos - Offener Brief des Sulinger Stadtrates an Kreistagsabgeordnete

Sulingen – Die Mitglieder des Rates der Stadt Sulingen fordern die Abgeordneten des Kreistages des Landkreises Diepholz auf, die Bewertung möglicher Standorte einer Zentralklinik im Landkreis Diepholz kritisch zu hinterfragen.

Man stütze das Informationsbedürfnis auch der Bürgerinnen und Bürger und damit die Forderung nach Transparenz in der Sache, schreibt stellvertretende Ratsvorsitzende Gesa Roggenbuck in einem offenen Brief an die Kreistagsabgeordneten. Unterstützt wird das Papier ausnahmslos von allen Ratsmitgliedern.

Einig sei sich der Rat als oberste Vertretung der Stadt Sulingen, die im aktuellen Ranking der Bewerberkommunen auf Platz drei gesetzt ist, die Suche des Landkreises nach einem geeigneten Grundstück für den Bau einer Zentralklinik zu unterstützen.

Offen blieben laut Schreiben aktuell Fragen nach der tatsächlichen Bewertung wesentlicher Standortfaktoren durch das vom Landkreis Diepholz beauftragte Büro Andree Consult, Siegburg. „Bis zum heutigen Tag liegen weder dem Rat noch der Verwaltung Unterlagen vor, aufgrund derer die Bewertung nachvollziehbar wird.“

Die Grundstücksbeschaffenheit und kostenbeeinflussende Faktoren bewerten die Mitarbeiter des Büros mit acht von 15 möglichen Prozentpunkten der Gesamtwertung. Roggenbuck: „Wir haben nachgewiesen, dass auf dem angebotenen Grundstück keine Kampfmittel zu erwarten sind. Die archäologische Prospektion ist inzwischen abgeschlossen und bezahlt, ebenso die Anbindung an zwei Bundesstraßen mit Abbiegespuren und Lichtsignalanlage. Wie lässt sich die Differenz von sieben Prozentpunkten zur maximal erreichbaren Prozentzahl erklären?“

Punktedifferenz nicht nachzuvollziehen

Nach Auffassung der Mitglieder des Rates der Stadt Sulingen müsste in der Bewertung der einzelnen Grundstücke bewertet werden, wieviel Patienten aus den jeweiligen Einzugsbereichen in andere Kliniken abwandern könnten.

Roggenbuck: „Ist berücksichtigt worden, dass die Patienten aus den Gemeinden Stuhr, Weyhe und Syke in die Krankenhäuser nach Bremen, Delmenhorst und Achim abwandern? Ist bei Twistringen bei diesem Punkt die Nähe zu den Kliniken im Landkreis Vechta berücksichtigt worden?“

Für Unverständnis in den Reihen des Rates der Stadt Sulingen sorge unter anderem auch die Bewertung der Anbindung der Fläche Vorwerker Heide in Sulingen an das Ver- und Entsorgungsnetz sowie an das ÖPNV- und Straßen- beziehungsweise Wegenetz im Landkreis Diepholz (sechs von möglichen zehn Prozentpunkten in der Gesamtwertung).

„In Sulingen werden die drei Landesbuslinien 123, 137 und 138 zusammengeführt. Eine Bushaltestelle der Linie 137 liegt dabei jetzt schon direkt am angebotenen Grundstück“, heißt es in dem offenen Brief. Die Busse verkehren stündlich aus Nienburg, Bassum und Diepholz. „Der wahrscheinlich überwiegende Teil des Verkehrs sowohl von Patienten als auch von Besuchern und Mitarbeitern wird per Auto erfolgen. Eine Anfahrt ist optimal über die B 61 und B 214 möglich.“

Anfahrt in Sulingen optimal

Die Mitglieder des Rates weisen darauf hin, dass die Stadt Sulingen Eigentümerin der Fläche Vorwerker Heide ist, die Bauleitplanung abgeschlossen und das Grundstück bereits erschlossen. „Wir alle sollten ein Interesse daran haben, dass das Zentralkrankenhaus möglichst frühzeitig realisiert werden kann.“

Bei der Nutzung der Grundstücksofferte der Stadt Sulingen sei von einer Zeitersparnis von mindestens drei Jahren auszugehen.

Orientiert am bekannten aktuellen jährlichen Zuschussbedarf der jetzigen Klinikstandorte und den bereits angebotenen Beschaffungskosten würde der Landkreis Diepholz im ersten Jahr zehn Millionen Euro und in jedem weiteren Jahr acht Millionen Euro einsparen. „Ausgehend von drei Jahren wären dies 26 Millionen Euro“, heißt es.

Heute, Montag, räumt der Landkreis laut Bürgermeister Dirk Rauschkolb den Bewerberkommunen die Möglichkeit ein, die Bewertungen der Mitarbeiter des Büros Andree Consult zu hinterfragen. Für den späten Nachmittag solle ein weiterer Informationstermin für die Kreistagsfraktion angesetzt sein.

 

Artikel erschienen in der Kreiszeitung am  Montag, den 15.06.2020

Der Haupteingang der Klinik in Sulingen. ArchivFoto: Schlotmann