Zentralklinik: Der nächste große Schritt

Bald beginnt die förmliche Beteiligung im Bauleitverfahren / Energiesicherheit mit Wasserstoff

Twistringen – Sommerpause? Um die Planungen für den Bau der Zentralklinik für den Landkreis Diepholz voranzutreiben, sind die Twistringer Lokalpolitiker gerne bereit, darauf zu pfeifen und auch in der eigentlich sitzungsfreien Zeit zu tagen. Immerhin stehen wichtige Beschlüsse bevor: Bald soll die förmliche Beteiligung für das Bauleitverfahren starten. Jeder kann dann Hinweise geben oder Bedenken vorbringen.

Die zur Einleitung des förmlichen Beteiligungsverfahrens nötigen politischen Beschlüsse sollen im August fallen. Die öffentliche Auslegung der Planungen folgt voraussichtlich vom 19. September bis zum 21. Oktober.

Es ist der nächste große Schritt. Läuft alles glatt, könnte der erste Spatenstich für das Krankenhaus auf dem Acker im Twistringer Ortsteil Borwede 2024 erfolgen. „Das ist mit Abstand die höchste Geschwindigkeit, die man in den letzten Jahren in Niedersachsen für so ein Projekt erlebt hat“, sagte Landrat Cord Bockhop am Mittwoch bei einer Pressekonferenz im Twistringer Rathaus. Mit am Tisch saß Twistringens Stadtplaner Christian Gelhaus. Er zeigte sich  optimistisch, dass die Bauleitplanung noch vor Weihnachten beschlossene Sache ist – wenngleich das natürlich davon abhänge, inwieweit Einwände eingehen.

Erstes klimaneutrales Krankenhaus
Während in Twistringen die Bauleitplanung voranschreitet, laufen beim Landkreis parallel weitere Planungen. Der voraussichtlich mehr als 200 Millionen Euro teure Neubau soll das erste klimaneutrale Krankenhaus Deutschlands werden. Zwar wird der Bau einen ökologischen Fußabdruck hinterlassen, „aber der laufende Betrieb soll CO2-neutral sein“, so Bockhop. Die Energiesicherheit werde gewährleistet sein – ein wichtiges
Thema, „erst recht bei einem Krankenhaus.“

Alle Räume der künftigen Klinik sind laut Uwe Lorenz, einer von zwei Geschäftsführern des Klinikverbunds, „mühsam und in ellenlangen Listen“ kategorisiert worden: Wie lange darf der Strom höchstens ausfallen? In manchen Räumen, zum Beispiel in OP-Sälen, nicht mal für einen winzigen Moment, in anderen darf das Licht kurz flackern. Für den Notfall sind in zwei Räumen im Muttergeschoss Batteriespeicher eingeplant, außerdem soll ein Wasserstoff-Notstromaggregat die Energieversorgung zu jeder Zeit sicherstellen.

Stichwort Verkehr: Vorgesehen sind zwei Zufahrten, jeweils mit Linksabbiegerspur auf der Bundesstraße, ohne Ampel. Die eine Zufahrt ist für Besucher gedacht und führt auf den Planungsskizzen zum Haupteingang und zu einem Parkhaus. Die andere ist für Rettungswagen und den Zulieferverkehr. 

Die Verkehrssituation rund um den Klinikstandort ist ein Thema, das insbesondere viele Borweder umtreibt. Sie befürchten, dass ihr beschauliches Örtchen zu einer Durchfahrtsschneise verkommt. Dahingehend gab es bereits eine Anwohnerversammlung mit Vertretern von Stadt und Landkreis. Cord Bockhop hat sich im kurvigen Bereich der Kreisstraße, über die viele aus dem Südkreis das Klikum später ansteuern könnten, selbst an den Straßenrand gestellt und kann den Eindruck von Anwohnern bestätigen: „Da wird zu schnell gefahren, und das Verkehrsverhalten ist nicht gut.“ Messungen über einen längeren Zeitraum sollen dazu dienen, die Eindrücke zu verifizieren, um eventuell gegensteuern zu können. Bereits geschehen: Der Radweg ist erneuert, sodass Radfahrer sicher von A nach B kommen.

Wenn die Klinik steht, sollen Radfahrer und andere Pendler auch gut vom Bahnhof zur Klinik und wieder zurück gelangen. Vorgesehen sind hochwertige Fahrradabstellmöglichkeiten am Bahnhof und an der Klinik. Außerdem ist es laut Bockhop „ganz klar, dass es einen Pendelverkehr zum Krankenhaus geben wird.“ Davon sollen insbesondere auch Mitarbeiter der Klinik profitieren. Bei dem Pressegespräch wird deutlich: Viele Überlegungen rund um die Klinik fußen darauf, in Zeiten des Fachkräftemangels gute Bedingungen für Personal zu schaffen.

Gerüche: Unterhalb der Grenzwerte
Mit Bedenken zum Bauleitverfahren hat sich die Stadt bereits im Rahmen einer frühzeitigen Beteiligung beschäftigt. Das hätte sie zwar nicht ma-chen müssen, bei solch einem großen Projekt spricht Bürgermeister Jens Bley aber dennoch von einer „Selbstverständlichkeit“. Mit Gerüchen,insbesondere von landwirtschaftlichen Betrieben, setzte sich die Stadt dabei ebenfalls auseinander. Menschen mit geschulten „Normnasen“ ha-ben sogar zu jeder Tages- und Nachtzeit auf allen Winkeln des neun Hektar großen Grundstücks geschnüffelt. „Die Werte, die wir da ermittelthaben, sind positiv“, erläuterte Bley. Sprich: deutlich niedriger als die Grenzwerte. Der Bürgermeister hebt hervor, dass die Kompensation fürdie Versiegelung des Ackers nicht noch eine weitere landwirtschaftliche Fläche in Anspruch nehmen, sondern im Bereich der Delme erfolgen soll.

Die Stadt hat ihre Hausaufgaben gemacht, mehr noch, Bockhop spricht von einem „tollen Partner“ für den Landkreis. Ob es mit den Planungenfür die Zentralklinik so gut und zügig weitergehe – an der Stelle richtet sich Bley an alle Twistringer – „das liegt auch an uns“.

Kreiszeitung Syke/Weyhe/Stuhr / Bassum / Twistringen. 21.07.2022