Zentralklinik Bürgerbeteiligung läuft

Rund 70 Zuhörer bei virtueller Informationsveranstaltung zur Bauleitplanung

Twistringen – Wie laut ist es auf dem Borweder Acker, auf dem die neue Zentralklinik entstehen soll? Stinkt es da? Und wohin soll das Regenwasser abfließen, wenn ein großer Teil des Bodens versiegelt wird?
Solche Fragen fallen bei der Bauleitplanung für den Klinikstandort ins Gewicht. Bei einer virtuellen Infoveranstaltung bestand am Mittwochabend die Möglichkeit, sich über das Verfahren zu informieren und Fragen zu stellen.


Rund 70 Menschen schalteten sich zu.

Die Stadt Twistringen hatte zu der Videokonferenz eingeladen. Nach einem etwas hakeligen Start – die Begrüßungsworte des Bürgermeisters waren kaum zu verstehen – lief alles reibungslos.
Ein Krankenhaus mit rund 340 Planbetten, Hubschrauberlandeplatz, OP-Sälen & Co. darf nicht ohne Weiteres irgendwo hingepflanzt werden. Um die Klinik auf den Acker an der B51 zu bauen, sind erst Änderungen im Flächennutzungsplan und ein Bebauungsplan nötig. Das Bauleitverfahren dient dazu, diese Änderungen zu vollziehen.
So ein Verfahren dauert seine Zeit, und bisher gibt es erst einen Vorentwurf.
„Wenn die Erwartungshaltung sein sollte, dass schon schicke Architekten-Entwürfe zu sehen sind, muss ich Sie leider enttäuschen“, verdeutlichte Andreas Taudien von der Planungsgesellschaft NWP aus Oldenburg bei der Infoveranstaltung. Stattdessen hatte er Ausschnitte von Landkarten mit bunten Kringeln, Linien und Kästchen zu bieten. Wo genau das Klinikgebäude auf der etwa neun Hektar großen Fläche seinen Platz finden wird, ist noch offen. Ein grünes Rechteck auf einer der Kartenausschnitte machte aber deutlich: Rundherum sind an der Grundstücksgrenze Bäume und Büsche vorgesehen.

Geräusche und Geruch

Taudiens bunte Darstellungen zeigten auch: Der zulässige Geräuschpegel wird durch Bundesstraße und Schienenverkehr überschritten. Allein der Straßenverkehrslärm beträgt laut Berechnungen tagsüber
zum Beispiel mehr als 50 Dezibel, direkt an der Straße sind sogar um die 70 dB. Zulässig wären 45 dB. Laut Taudien lässt sich das durch passive Schallschutzmaßnahmen regeln, etwa dickere Wände, Mehrfachverglasung oder Fenster, die sich nicht öffnen lassen. „Das ist so unüblich nicht“, erklärte er.
Zudem machte Taudien deutlich, dass es bei den ermittelten Geräuschbelastungen um Berechnungen handele. „Ich denke, dass man das häufig nicht so wahrnimmt.“
Dass Berechnungen nicht unbedingt den subjektiven Eindrücken entsprechen, zeigt sich auch beim Thema Gerüche. Drei Gutachten sind zu drei verschiedenen Ergebnissen gekommen. Weil unterschiedlich gewertet werden kann, was relevant ist. Manche Geruchsquellen – zum Beispiel landwirtschaftliche Betriebe – sind so weit weg, dass sie eigentlich als nicht relevant gelten. Aber was, wenn es gleich zehn davon im weiteren Umfeld gibt? Dann könnte das doch eine Rolle spielen.

Um Klarheit zu schaffen, suchen Fachleute das Grundstück regelmäßig auf und dokumentieren die Geruchsbelastung zu unterschiedlichen Zeiten. Bei Gerüchen gilt wie bei Lärm: Im Zweifel richten es passive Baumaßnahmen.
Freizeitlärm, zum Beispiel durch den Schießstand in Borwede, ist laut Taudien kein Problem. Die Werte seien „weit unter dem, was bei einer Klinik zulässig ist.

Naturschutz


Derzeit läuft eine Brutvogelkartierung. Direkt auf dem Grundstück ist bisher eine Feldlerche gefunden worden, die nichts von den großen Plänen für das Areal wusste und sich ansiedeln wollte.
Durch den Bau der Klinik werde viel Boden versiegelt, erläuterte Taudien. „Man wird sicherlich externe Kompensationsmaßnahmen benötigen.“ Denkbar wären solche Maßnahmen entlang der Delme.
Regenrückhaltebecken sollen die Oberflächenentwässerung auf dem Klinikgelände regulieren.

Fragen der Zuhörer


In Borwede machen sich viele Menschen Sorgen, dass ihr Ort zu einer Durchgangsschneise verkommt. Daher kam aus den Reihen der Zuhörer die Frage: Gibt es ein Verkehrskonzept, um das zu verhindern? Landrat Cord Bockhop erklärte, dass dazu Gutachten erfolgen sollen. Momentan hole der Landkreis dafür Angebote ein.
Eine konkrete Antwort auf die Frage, wie viel die Klinik bis zur Eröffnung kosten wird, konnte Bockhop nicht geben. „Wer im Augenblick baut, erlebt eine Kostensteigerung, die viele in Angst und Schrecken versetzt.“ Das könnte sich auf die Klinik auswirken. Fürs Erste bleibt er bei der Zahl, die er immer genannt hat: 200 Millionen. Der Landkreis will das Projekt mithilfe von Fördermitteln stemmen. „Die Signale sind sehr positiv“, so Bockhop. „Aber einen Bescheid, den haben wir noch nicht.“


Zum Schluss kam die Frage auf, was mit den Krankenhäusern in Bassum, Diepholz und Sulingen passiert. „Wir sind mit allen drei Bürgermeistern im Gespräch“, erklärte der Landrat. Alle drei Standorte seien zentral. „Wenn man in der jetzigen Situation diese Flächen auf den Markt geben würde, würde man viel Geld bekommen.“
Es gehe aber nicht darum, viel Geld zu bekommen, sondern mit den Städten und dem jeweiligen Umfeld diese Standorte neu zu entwickeln, gerne auch im gesundheitlichen Bereich – Krankenhäuser werden es aber nicht bleiben.

 

Artikel erschienen in der Kreiszeitung am Freitag, 07. Mail 2021, von Katharina Schmidt