Zentralklinikum in Twistringen Leistungsstark, klimaneutral und gut angebunden

2028 soll das neue Kreisklinikum im Twistringer Ortsteil Borwede in Betrieb gehen. Die Auslegung für das förmliche Beteiligungsverfahren beginnt Mitte September dieses Jahres.

Landkreis Diepholz/Twistringen. Mindestens 200 Millionen Euro Investition, Schwerpunktversorgung, Geburtshilfe – die Eckdaten für das neue Kreiskrankenhaus im Twistringer Ortsteil stehen. Am 19. September dieses Jahres soll das förmliche Beteiligungsverfahren beginnen. Am Dienstag stellten der Twistringer Bürgermeister Jens Bley und Landrat Cord Bockhop die Planungen vor. Auf dem neun Hektar großen, bislang landwirtschaftlich genutzten Gelände entsteht die Klinik. Als Eröffnung ist das Jahr 2028 anvisiert. Der Neubau liegt rund 2,6 Kilometer vom Twistringer Bahnhof entfernt, zwischen Bundesstraße und Bahntrasse.

Die neue Klinik soll die Hospitäler in Diepholz, Bassum und Sulingen ersetzen. Vorgesehen sind 370 Betten. Die geplanten Leistungen gehen nach Angaben des Klinikverbund-Geschäftsführers Uwe Lorenz "deutlich über einen Grundversorger hinaus". Im Portfolio finden sich Aspekte wie Endoskopie, Geriatrie und Gefäßchirurgie. Eine Kinderklinik ist im ersten Schritt jedoch noch nicht vorgesehen. "Wir verzichten auf Augen- und Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde", so Uwe Lorenz. Diese beiden Bereiche würden heute vor allem nur noch ambulant angeboten.

Der Bau wird nicht klimaneutral über die Bühne gehen, aber "der laufende Betrieb soll CO2-neutral sein", sagte der Landrat. Teil des Konzepts ist Energiesicherheit, etwa in den Operationssälen. Geplant ist laut Lorenz die Versorgung mit Wasserstoff-Notstromaggregaten. "Und viele Geräte haben schon Not-Akkus", ergänzte Lorenz.

Nicht jeder Winkel des Geländes wird anfangs beplant. "Man will sich die Zukunft nicht verbauen", sagte Bockhop. Bewusst sollen Lücken für spätere Erweiterungen vorgehalten werden. Das Herzstück der Klinik soll die Geburtenstation und die Fachrichtung Frauenheilkunde werden. Denn hier klaffe bereits seit der Einstellung des Angebots im Jahr 2011 eine große Lücke im Landkreis Diepholz.

Von der Bundesstraße führen zwei Zufahrten zum Klinikum. Eine ist für die Logistik und die Anfahrten zur Notaufnahme reserviert. Der Wirtschaftstrakt wird unterirdisch mit dem Zentralbau verbunden. Besucher und nicht als Notfall ankommende Patienten haben eine eigene Zuwegung. Auch eine Bushaltestelle soll nahe des Eingangs entstehen. Ein Teil des Geländes ist für den An- und Abflug von Rettungshubschraubern reserviert.

In den Planungen wird nicht nur der motorisierte Individualverkehr berücksichtigt. "Es wird einen Pendelverkehr geben von der Innenstadt", so Bockhop. "Und hochwertige Fahrrad-Abstellmöglichkeiten. Keine Felgenkiller." Eine dichtere Taktung ist beispielsweise für Zeiten des Schichtwechsels vorgesehen. Einen Personalabbau durch die Zusammenführung der drei Standorte auf den Neubau schließen die Verantwortlichen aus. Auch wenn die Personalstärke für Nacht- und Sonntagsdienste durch die Zentralisierung wohl herunter gehen wird. Ein Standortvorteil ist für den Ersten Kreisrat Wolfram van Lessen, dass die Assistenzärzte ihre Weiterbildungen und die Ergänzung ihrer OP-Kataloge in einem Haus machen können.

Schon vor der förmlichen Beteiligung der Öffentlichkeit hat die Stadt Twistringen ihre Bürgerinnen und Bürger befragt. Die Einwohnerinnen und Einwohner von Borwede etwa fürchten, dass der Durchgangsverkehr aus Richtung Sulingen zunehmen wird.

Christian Gelhaus vom Twistringer Fachbereich Stadtentwicklung und Wirtschaft schätzt, dass der Beschluss über die Bebauungspläne kurz vor Weihnachten erfolgt. Im ersten Quartal 2023 könnte die Bauleitplanung beginnen. Schon jetzt laufen in der Verwaltung parallel Vorbereitungen, etwa zur Ausschreibung, damit später keine Zeit verloren geht.

Die voraussichtlichen Kosten des Klinikprojekts stehen noch nicht fest. Ende September werden wohl laut Uwe Lorenz Hochrechnungen vorliegen. Als Richtmarke nennt er den Neubau in Soltau-Fallingbostel, der 249 Millionen Euro kostete. Jens Bley ist sich sicher, dass es in der Twistringer Bevölkerung "eine große Zustimmung" für den Klinikneubau gibt. Der Stadtrat sei zudem bereit, zusätzliche Sitzungstermine anzuberaumen.

Wie es mit den jetzigen Krankenhausstandorten weitergeht, ist noch offen. Jede Kommune hat seitens des Landkreises 50.000 Euro für Beratungskosten zugesprochen bekommen. Die zentral gelegenen Grundstücke seien "wertvoll, für die Planung und in Euro", sagte der Landrat. Je nach zukünftiger Nutzung, etwa für soziale, kulturelle oder wohnungsbautechnische Zwecke, richte sich der Preis. In die Nutzungskonzepte soll auch das Amt für regionale Landesentwicklung Leine-Weser einbezogen werden. Die Verantwortlichen gehen nicht davon aus, dass alle Einwohner im Landkreis zukünftig nur die neue Klinik ansteuern. "Dieses Haus muss nicht alle Ecken versorgen", sagte van Lessen.

WESER KURIER, 20.07.2022